News 5. Januar 2023

«Ich empfehle allen Betroffenen sich Hilfe zu holen»

Claudia Schärer wog 106 Kilo, als sie sich sagte: Es reicht jetzt. Seit ihrer Magenoperation vor zwei Jahren hat sie 43 Kilogramm abgenommen. Warum sie sich dafür entschieden hat und welche Folgen die OP für sie hatte, erzählt sie im Interview.
Claudia Schärer im Interview zu Adipositas

Warum haben Sie sich für eine Magenoperation entschlossen?

Ich habe rund ein Jahr Diäten ausprobiert, aber weiter zugenommen. Als ich mein Hobby reiten aufgeben musste, wusste ich, jetzt muss etwas passieren. Über meinen Hausarzt bin ich dann ins Spital Bülach gekommen.

Haben Sie neben dem Übergewicht auch andere Beeinträchtigungen?

Zum Beispiel schmerzten meine Gelenke und meine Hüfte. Auch war meine Beweglichkeit eingeschränkt. Socken anziehen oder Treppensteigen war sehr anstrengend. Wie sehr es einen behindert hat, habe ich erst gemerkt, als das Gewicht weg war.

Sie wurden dann nicht schnell operiert?

Nein, auf keinen Fall. Zuerst wird man umfangreich gesundheitlich untersucht. Diabetes, Ernährungsberatung, eine psychologische Abklärung und vieles mehr. Der Start ist die Operation aber das ist der erste Schritt in einem Prozess.

Interview Claudia Schärer Massband
Seit ihrer Magenoperation vor zwei Jahren hat Claudia Schärer 43 Kilogramm abgenommen.

Was meinen Sie damit?

Der Körper wird zwar operiert, aber nicht der Kopf. Die Bewusstseinsänderung etwas an seinem Verhalten zu ändern, passiert nicht von heute auf morgen. Es ist auch wichtig, dass man nach der OP nicht in das Gegenteil verfällt und sich dann jeden Tag wiegt, oder die kleinen Portionen noch mehr verkleinert, um noch mehr abzunehmen. Die professionelle Begleitung dabei ist sehr wichtig.

Wie geht es Ihnen jetzt nach zwei Jahren?

Ich habe nur gewonnen. Ich muss jetzt Vitamine einnehmen, aber sonst habe ich gar keine Einschränkungen und kann alles essen. Ich muss mich weiterhin mit der Ernährung auseinandersetzen, aber jetzt habe ich dazu wieder eine positive Einstellung.

Was hat sich für sie verändert?

Eigentlich alles. Vom Essen her fällt zum Beispiel der Heisshunger weg und ich esse höchstens noch ein Drittel der Portionen im Vergleich vor der Operation. Das Sättigungsgefühl ist wieder da. Das heisst, ich spüre, wenn ich satt bin und höre dann auf. Ich reite auch wieder und mache wieder lange Spaziergänge mit meinen Hunden. Es macht einfach wieder Freude sich zu bewegen, was vorher sehr mühsam war. Selbst der psychische Druck ist weg. Es fallen nicht nur die Kilos, sondern auch der Ballast von der Seele.

Sie gehen sehr offen damit um. Warum?

Mir haben die Auseinandersetzung damit und die Operation sehr geholfen. Wenn mein Beispiel auch jemand anderem hilft, dann ist dies gut. Ich kann allen Betroffenen nur raten mutig zu sein, sich nicht verstecken, sondern den Teufelskreis zu durchbrechen und sich Hilfe holen.